Borderline - Ein Leben zwischen Extremen!

Ihr Lieben

Vor etwa vier Wochen war ich zu dem Geburtstag einer guten Freundin von mir eingeladen, zum Brunch. Da ich, außer der besagten Freundin und meinem Mann, dort niemanden kannte, hatte ich ein wenig Bauchgrummeln. Ich bewege mich nicht gern in fremde Umgebungen, die mir unvertraut sind und in denen ich auf Leute treffe, die ich nicht kenne. Ich bin kein Small-Talk Typ und ziehe tiefer gehende Gespräche für gewöhnlich vor, doch ich lavierte mich tapfer durch Themen, wie Wetter, Studiengänge und wie es Freund ABC, den man über fünf Ecken bei einer Party von Person XYZ getroffen hat, inzwischen geht. Versteht mich nicht falsch, ich habe kein Desinteresse an den Menschen, die mir begegnen – nur ist mir diese Gesprächsebene überhaupt nicht vertraut. Jetzt könnte man natürlich denken, das eine Bekanntschaft zweier Menschen ja gewöhnlich über diese Gesprächsebene beginnt. Bei mir trifft das nur sehr bedingt zu, die meisten meiner Freundschaften entstanden, wenn ich gerade mal wieder im Krankenhaus war und dort ist Small-Talk in aller Regel überflüssig.

An jenem Geburtstagsbrunch vor vier Wochen, ging es zu vorgerückter Stunde um eine gerade in die Brüche gegangene Beziehung eines Freundes. Auf die üblichen Fragen Was, Wann und Wie beziehungsweise Wer wen verlassen hat, lautete die Antwort: „Er hat mit ihr Schluss gemacht. Es ging einfach nicht mehr. Sie hat Borderline.“ Das schien dem kompletten Tisch als Erklärung zu genügen, von allen Seiten zustimmendes Nicken. Ich biss mir auf die Lippen und hielt mich zurück. Ohne mich allzu weit aus dem Fenster lehnen zu wollen, bin ich dennoch ziemlich sicher, dass sich niemand an diesem Tisch schon einmal wirklich ernsthaft mit dieser Krankheit beschäftigt hat.

„Ich hasse dich, verlass mich nicht“
Mit diesem Satz wird Borderline häufig identifiziert. Ja, es stimmt – wir Borderliner leben in einer extremen und sehr labilen Gefühlswelt. Aber ihr könnt mir glauben, wir leiden selbst mindestens genau sehr darunter, auch wenn es durch unsere mangelnde Impulskontrolle häufig nicht so aussieht. Unsere Angst vor einer möglichen Zurückweisung ist sogar noch größer als die der Menschen mit sozialen Phobien.

Schwarz-Weiß Denken
Auch dieser Ausdruck beschreibt in etwa die Welt eines Borderliners. Unser Inneres ist in der Lage, die Menschen in unserem Umfeld zu idealisieren oder komplett zu entwerten. Sowohl der Amplitudenausschlag als auch die Häufigkeit der Wechsel zwischen Idealisierung und Entwertung hängen meist davon ab, wie nahe uns dieser Mensch steht. Und wir sehen uns auch selbst so, wobei da allerdings die schwarze Zeit deutlich überwiegt. Es ist uns nicht möglich, in diesen Prozess einzugreifen und auch euer Verhalten trägt nur zu einem geringen Prozentsatz zu diesen Wechseln bei.

Borderliner verletzen sich
Viele Menschen, die ein selbstverletzendes Verhalten an den Tag legen, werden sofort in die Schublade „Borderline“ gesteckt. Jedoch gilt: Nicht jeder Borderliner verletzt sich und nicht jeder, der sich verletzt hat Borderline. Das selbstverletzende Verhalten resultiert häufig aus der Ohnmacht gegenüber unseren eigenen Gefühlen oder um dissoziative Zustände zu beenden.

Zerrissen zwischen Extremen – so kann man diese Erkrankung wohl am besten beschreiben und natürlich belastet eine derart schwere Krankheit auch die Partnerschaft. Dennoch gibt es mehrere Langzeitstudien, die belegen, das eine Partnerschaft und auch eine Elternschaft, den Verlauf dieser Erkrankung abmildern und stabilisieren kann.

Ich hoffe sehr, dass ich euch in meinem Blog das Wesen dieser Persönlichkeitsstörung ein wenig näher bringen konnte. Wenn ihr Fragen habt, könnt ihr sie mir hier gern schreiben.

Liebe Grüße

Steffi


Kommentar schreiben

Kommentare: 0